Die Gründe für den desaströsen Zustand der Stadtkirchenorgel sind vielschichtig: Fehlende Pflege, ein sich wandelnder musikalischer Zeitgeschmack und die Rivalität zwischen der Stadt- und Domgemeinde, die mit Umbauten verbunden waren, sind dabei sehr wesentlich zu nennen. Besonders die Veränderungen des romantischen Orgelbauers Friedrich Hermann Lüdkemüller haben im 19. Jahrhundert zwei musikalische Welten in einem Instrument nebeneinander gestellt, die sich nicht in akzeptabler Weise verbinden ließen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden viele dieser romantischen Pfeifen mit schlechten Fachkenntnissen im neobarocken Sinne ersetzt. Außerdem gab es kein ganzheitliches Restaurierungskonzept. Es wurde ohne einem historischen Vorbild überwiegend an einzelnen Pfeifen gebastelt. So haben wir heute eine unspielbare Orgel, in der über 50% Originalsubstanz von Scholtze erhalten ist. Dazu kommen viele qualitativ sehr schlechte Neobarockpfeifen und einige romantische Elemente. Alles klingt irgendwie, aber Nichts passt wirklich zum Anderen.
Da wir die ursprüngliche Disposition mitsamt der Mensuren genau kennen und für alle Register Vorbilder haben, die wir nur kopieren brauchen, können wir heute problemlos den Teil der Scholtze-Orgel exakt rekonstruieren, der in den vergangenen 250 Jahren verloren gegangen ist.
Recherchen und die Entwicklung eines Restaurierungskonzeptes werden ca. ein halbes Jahr und die reine Bauzeit ca. zwei Jahre in Anspruch nehmen. Wie lange das gesamte Projekt dauert, hängt davon ab, wie schnell die finanziellen Mittel für die Restaurierung gewonnen werden. Da es aber in Deutschland nur noch wenige Orgeln von dieser Größe und Bedeutung gibt, deren Originalsubstanz aus dem 18. Jahrhundert so groß ist wie in der Havelberger Stadtkirche, sind wir guter Hoffnung, dass wir engagierte Sponsoren und namhafte Stiftungen für dieses prestigeträchtige Projekt gewinnen können.
Viele Leute fragten Domkantor Matthias Bensch, was seine Vorstellung zu dem Nutzungskonzept dieser Kirche und dieses Instrumentes sei. Die Stadtkirche soll wieder regelmäßig für Gottesdienste und Andachten genutzt werden, sobald die Orgel fertig ist. Außerdem ist geplant, dass auf diesem Instrument regelmäßig internationale Orgelwettbewerbe und Orgelmeisterkurse mit herausragenden Dozenten stattfinden. Seine Kontakte zu Orgelprofessoren aus Hamburg, Amsterdam und Detmold werden dabei sehr hilfreich sein. Es wird natürlich auch regelmäßig Orgelkonzerte von renommierten Gastorganisten und dem Domkantor geben.
Wenn wir es schaffen, diese Orgel zu restaurieren, werden wir auch Sponsoren gewinnen, die diese Konzerte unterstützen. Es sollen zahlreiche CD-Aufnahmen von dieser Orgel entstehen, deren Gewinne ebenfalls die zusätzlichen Konzerte finanzieren können. Außerdem werden wir im Verein noch weitere Ideen zu einer niveauvollen Nutzung der Stadtkirche mit ihrer Orgel sammeln, die das kulturelle Leben der gesamten Stadt bereichern werden.
Lassen auch Sie sich für das Orgelrestaurierungsprojekt begeistern. [>> weiter zu: Wie können Sie helfen?]